Europa
Europa, neues Epizentrum der Weltkrise
09/06/2010
Von Juan Chingo 7. Mai 2010
Deutschland kann vorerst seine Ziele durchsetzen, indem es einen in der Nachkriegszeit unbekannten „Deflationsangriff“ gegen Griechenland erzwingt. Dennoch, trotz des Ausmaßes des Angriffes und der „Rettung“, können die Zweifel an der Möglichkeit eines Staatsbankrotts nicht entkräftet werden. Die Bedrohungen des Euros, welche sich inzwischen verstärkt haben, bleiben bestehen. Der „neue alte Kontinent“ bereitet sich auf große wirtschaftliche und politische Krisen und auf entscheidende Klassenkämpfe vor.
Einen in der Nachkriegszeit unbekannten „Deflationsangriff“
Die „Rettung“ Griechenlands ist an die Forderung von Maßnahmen geknüpft, die den größten deflationären Angriff gegen ein Land und gegen die Arbeitererrungenschaften seit dem Ende des 2. Weltkrieges darstellen. Der vom PASOK, dem IWF und der EU auferlegte Anpassungs- und Sparplan ähnelt den Plänen der Bourgeoisie der 30er Jahre und gegen Ende der Großen Depression. Der Plan wird eine bedeutende Senkung des Lebensniveaus, vor allem der Staatsangestellten und Rentner, mit sich bringen. Auch die Angestellten des privaten Sektors werden von den Maßnahmen stark betroffen sein. Ein halbes Jahrhundert nach seiner Gründung hat der PASOK die Lohnzulagen wie Weihnachts- und Ostergeld sowie den bezahlten Urlaub für Staatsangestellte und Rentner abgeschafft. Diese wurden durch niedrige Lohnzulagen bei löhnen unter 3.000 Euro ersetzt, die letztendlich nur Almosen darstellen. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sogar diese zukünftigen Kürzungsmaßnahmen wieder zum Opfer fallen.
Die Maßnahmen werden ihrerseits eine Vertiefung der Rezessionstendenzen mit sich bringen, die die „lügnerische“ Regierung für das laufende Jahr bei -4% ansetzt. Der Ökonomie des Landes ist, abgesehen von der Periode nach dem Bürgerkrieg zwischen 1944 und 1950, in der die Wirtschaft des Landes am Boden lag, eine ähnliche Situation nur aus dem Jahr 1974 bekannt. Damals kamen mehrere Faktoren zusammen: die Weltkrise von 1973-1975, das nach dem gescheiterten Putsch in Zypern und der Invasion des nördlichen Teils der Insel durch türkische Truppen ausgebrochene Chaos, was schließlich den Fall des Regimes der Obristen und die Gefahr eines Krieges gegen die Türkei zur Folge hatte. All dies führte zu einem Fall des BIPs von 6,4%.
Die Angst, dass alles in die Luft fliegt, bereitet dem Präsidenten der Gewerkschaft der Staatsbediensteten (ADEDY), Spyros Papaspyrou, große Sorgen. In einem Interview für die Financial Times behauptete er, die Kürzungsmaßnahmen hätten „die Schwelle der Toleranz überschritten und niemand kann voraussehen, was danach geschieht“. Er zeigte jedoch seinen versöhnlichen Charakter sowie die Rolle der Gewerkschaftsführungen bei der Zurückdrängung und Umlenkung der Massenmobilisierungen. Auf letztere stützt sich der PASOK maßgeblich, um die Kürzungsmaßnahmen durchzubringen. In diesem Zusammenhang sagte Papaspyrou, dass „ ... die Gewerkschaften alles Mögliche tun werden, um ihren Forderungen nach einer gerechteren Aufteilung der Kosten der Sparmaßnahmen Druck zu verleihen, jedoch sei es nicht ihre Absicht, die Spekulanten, die auf den Default Griechenlands setzten, zu unterstützen“ [1] . Mit anderen Worten, handelt es sich um die totale Rechtfertigung für die Akzeptanz der Kürzungsmaßnahmen sowie die Bereitschaft alles Erdenkliche zu tun, um das Problem der Staatsverschuldung zu lösen.
Deutschland hat seine Ziele vorerst durchgesetzt. Sinkende Legitimität innerhalb der EU und wachsende innere Spaltungen sind die Folge.
Deutschland erreicht im Moment noch seine Ziele auf Kosten des Verlustes seiner Legitimität innerhalb der EU und auf Kosten zunehmender interner Differenzen.
Die Tatsache, dass ein imperialistisches Land zweiten Ranges wie Griechenland, das Teil der Eurozone ist, auf Unterstützung des IWFs zurückgreifen muss (der Einfluss des letzteren hatte sich bisher auf die Peripherie der kapitalistischen länder beschränkt) macht wie nie zuvor das Ausmaß der aktuellen Krise deutlich. Vor diesem Hintergrund, und trotz des Verlustes seiner Legitimität innerhalb der EU und der internen Kritik von Seiten des alten westdeutschen Establishments wie dem Exkanzler Helmut Kohl oder dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, hat Deutschland es bisher geschafft, seine Ziele durchzusetzen.
Bei der Heftigkeit des Angriffs handelt es sich um eine klare Botschaft an die verschiedenen Regierungen Südeuropas, drakonische Maßnahmen zu ergreifen, um eine Ausweitung der Krise zu vermeiden, indem drastische Einschnitte der Ausgaben und eine grosse Kapitalbereinigung erzwungen werden, wenn die dem griechischen Leidensweg nicht durchmachen wollen. Mit Worten Angela Merkels in der BILD am Sonntag hört sich das folgendermaßen an: „Alle Experten sagen, dass Portugal, Spanien und Irland deutlich besser als Griechenland dastehen. Außerdem sehen diese länder, dass der Weg Griechenlands mit den strengen Vorgaben des IWF nicht einfach ist. Sie werden daher alles tun, um das für sich selbst zu vermeiden und haben ja auch bereits Sparanstrengungen in Aussicht gestellt.“ (Bild am Sonntag, 02.05.10)
Die Griechenland-"hilfe" wird sich in 12 Raten in den kommenden drei Jahren vollziehen. Die in regelmäßigen Abständen erfolgenden Zahlungen werden an harte Bedingungen geknüpft. Jedes Trimester werden die europäischen Institutionen und der IWF die von Griechenland gemachten „Fortschritte“ kontrollieren. V.a. Berlin hofft, dass Athen den Sparplan „auf Punkt und Komma“ umsetzen werde, so der deutsche Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle.
Die Notwendigkeit neuer, rigoroser Anpassungsmaßnahmen war die unumgängliche Bedingung, die Deutschland angesichts der Entscheidung Griechenlands, auf die „Hilfen“ des IWFs und der EU zurückzugreifen, stellte. Diese Bedingung kommt zu den vorherigen hinzu, die Deutschland ebenfallls stellte, wie das Hinzuziehen des IWFs, der einzigen Organisation mit Erfahrung hinsichtlich der Anwendung dieser unpopulären Anpassungsmaßnahmen, wie dies die asiatische Krise vom 1997-98 oder unzählige Eingriffe in Lateinamerika zeigen. Das Stellen dieser Bedingungen zeigt, wer in der neuen EU die Entscheidungen trifft. Ein pathetischer Beweis dafür war die Ankunft als Bittsteller des Chefs der Europäischen Zentralbank und des IWFs in Berlin - beide zufällig Franzosen - am Mittwoch den 28. April, die die Kanzlerin Angela Merkel und einen Finanzausschuss des Bundestages anflehten, die Währungsunion zu retten. Die griechische Krise hat eine neue Realität innerhalb der EU zum Vorschein gebracht. Wie das NRC Handelsblad titelte: „Die großen länder sind erneut zu den Chefs geworden“. Die holländische Tageszeitung hebt hervor, dass die griechische Krise „eine neue geopolitische Realität innerhalb der EU“ offenbare. „Nach einer langen Periode von großem politischen Einfluss der Europäischen Kommission sind es in Wirklichkeit die länder, die die Zügel in Händen halten. D.h., die großen länder“. Und in der aktuellen Krise: „Derjenige, der bestimmt, ist ein nationaler Minister“: Wolfgang Schäuble, deutscher Finanzminister. „Er versteckt sich hinter dem IWF und der Europäischen Zentralbank, aber diese beiden Organisationen arbeiten lediglich die technischen Details für die Reformen und die Haushaltsbeschränkungen aus, die von Schäuble diktiert werden und die die Griechen nicht umhin können zu akzeptieren.“.[6]
Deutschland nimmt offen Richtung auf eine imperialistische Politik innerhalb der EU: Wir wohnen einem Umschwung seiner traditionellen auf Konsens und Kompromiss ausgerichteten Politik bei. Letztere äußerte sich 1951 in der Gründung der Montanunion und später 1957 im Vertrag von Rom, welche die Grundlagen legten für die Gründung eines gemeinsamen Europas in der Nachkriegszeit. Beide waren Ausdruck der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg - bis zum Vertrag von Maastricht, der die Grundlagen schuf für die Entstehung des Euro nach dem Anwachsen der deutschen Macht in Folge der Wiedervereinigung 1990. Ab da änderte sich die deutsche Politik hin zu einer auf Druck ausgerichteten, die darauf abzielt, ihre Absichten aufzuzwingen. Hierbei handelt es sich um eine Tendenz zur Semikolonisierung, nicht nur der peripheren länder Osteuropas, sondern auch einiger der schwächsten Imperialismen innerhalb der EU. Diese aggressive Politik der stärksten Macht der EU destabilisiert das Kräfteverhältnis in Europa nicht nur zwischen den stärksten ländern und der schwächsten Peripherie in der EU, sondern auch zwischen den großen Potenzen, wobei die deutsch-französische Achse aufrechterhalten bleibt, selbst wenn Frankreich eine immer untergeordnetere Rolle einnimmt und sich den Absichten Berlins unterwirft, wie dies der Fall war bei der Zustimmung hinsichtlich des Hinzuziehens des IWFs, dem sich Frankreich zunächst widersetzt hattte.
Diese politische Richtungsänderung ist nicht nur Ausdruck seiner Stärke, bedingt durch die Bildung des bevölkerungsreichsten Staates und dem politischen und geopolitischen Voranschreiten, das die Entstehung eines vereinigten Deutschlands vor zwei Jahrzehnten zur Folge hatte, sondern auch seiner Schwäche, die sich in dem ausgeprägten Kurswechsel nach rechts auf wirtschaftlichem Gebiet äußert als Folge des Falls sener Profitrate seit Ende der 70iger Jahre. Letztere wurde teilweise wiederhergestellt, indem die Ausbeutungsrate erhöht und der interne Markt geschrumpt wurde, was letzlich die Flucht seiner Schuldner aus der Krise mittels des Exports verhindert. Deutschland seinerseits scheint in dieser Krise seine harte Politik der Anpassungsmaßnahmen zu internationalisieren. die es von seinen ruinierten ländern verlangt, wie dies der Falls Berlins, Bremens oder Sachsen-Anhalts ist, die im Vergleich zum BIP eine Verschuldungsrate aufweisen, die vier- sechsfach höher ist als die des hochverschuldeten Kaliforniens. Unter einem ähnlichen Problem leiden auch die Städte. In Nordrhein-Westfalen stellen Städte wie Bochum, Dortmund, Essen und Duisburg das Problem dar, alle Synonyme für die weltweit unbesiegbare deutsche Schwerindustrie, die nun eine hohe Arbeitslosigkeit aufweisen sowie steigende soziale Kosten wie eine starke Reduzierung steuerlicher Einnahmen. Das deutsche Parlament hat der Verschuldung seiner länder einen Riegel vorgeschoben, wobei es sich um die erste Instanz handelt, an die die sich in der Krise befindlichen Städte wenden. Dies alles weist auf eine schwere Haushaltskonsolidierung und Anpassungsmaßnahmen in den kommenden Jahren hin. Vor dem Hintergrund dieser harten internen Maßnahmen versucht Deutschland Griechenland disziplinieren zu wollen.
In gewisser Weise gleicht der tiefgreifende konservative Politikwechsel auf dem Gebiet der Wirtschaft und dem Finanzsektor demjenigen der Vereinigten Staaten in den 80iger Jahren unter Reagan, der zu einer Politik der offenen Plünderung Lateinamerikas führte. Anders als Deutschland heutzutage waren jedoch die Vereinigten Staaten zu diesem Zeitpunkt eine Hegemonialmacht. Der deutsche Imperialismus dagegen versucht eine neue Form der Expansion zu finden, die es ihr erlaubt, den europäischen Wachstumszyklus des letzten Jahrzehnts hinter sich zu lassen, der sich erschöpft hat und der auf dem Ausbau des deutschen Exports in die europäischen Nachbarländer basierte. Im Gegenzug dazu entwickelten sich in ländern wie Spanien und Griechenland die Immobilienblase oder der Tourismus, d.h. Bereiche, deren Entwicklung das deutsche Bankenwesen finanzierte, damit die deutsche Industrieproduktion absorbiert würde, und auf denen Deutschland keine Konkurrenz zu erwarten hätte. Dies alles erfolgte vor dem Hintergrund einer weltweiten Ìberproduktionskrise.
Das Ergebnis dieser neuen Ausrichtung ist offen, v.a. da sie inmitten einer Umstrukturierung innerhalb Europas stattfindet, welche zu einer Wiederbelebung der Nationalismen in Europa, zu einer Isolierung Deutschlands innerhalb der EU und zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch führen könnte, die den Untergang aller Staaten und eine Welle entscheidender Kämpfe auslösen könnten, welche letztere sich bereits in Griechenland ankündigten.
Die Schuldenkrise Griechenlands ist nicht zu Ende
Obwohl der „Rettungsplan“ Griechenland vor einem drohenden Staatsbankrott rettet, wurde die Staatsschuldenkrise nicht überwunden. Sogar der Staatsbankrott bleibt weiterhin die wahrscheinlichste Variante für die nächsten Monate und Jahre. Wolfgang Münchau, Financial Times und Financial Times-Deutschland-Kolumnist (spezialisiert auf europäische Angelegenheiten) behauptet, wenn auch positiver eingestellt als letzte Woche, als er schon „Acropolis Now“ kommen sah, diesmal ganz ungezwungen: „Aber trotz der Bereitschaft, äußerste Auflagen zu akzeptieren, wird Griechenland sich nicht ohne eine Form des Schuldenerlasses retten können. Ich kann verstehen, warum der Internationale Währungsfonds und die Europäische Union diesen heiklen Punkt nicht behandeln wollen. Dies hätte die Verhandlungen verlängert. Mitten in einer akuten Krise im Anleihenmarkt muss man die Erwartungen sehr sorgfältig abwägen. Eine Umstrukturierung der Schulden wird schließlich jedoch notwendig sein, weil Griechenlands Schulden/Bruttoinlandsprodukt-Verhältnis von seinen gegenwärtigen 125 Prozent bis auf ungefähr 140 und 150 Prozent während der Anpassungsperiode anschwellen wird. Ohne eine Umstrukturierung wird Griechenland enthaltsam, fügsam und verkrüppelt enden“ (02.05.2010). Mit anderen Worten, obwohl die „Rettung“ in ihrem Umfang die höchste ist, die ein Land jemals bekommen hat, und obwohl sie sogar mit niedrigeren Zinssätze als von den Märkten verlangt verbunden ist, ist sie dennoch zu wucherisch und zu niedrig, um das Anschwellen der Schulden zu decken, wie der Finanzminister selbst am 4. Mai warnte, womit er die Investoren noch nervöser machte.
Kernproblem ist jedoch, dass die brutale Anpassung eine brutale Rezession verursachen wird, viel größer als die von der Regierung bis 2012 vorgesehene: Das Haushaltsdefizit wird steigen, Bankrotts und hohe Verluste werden an der Tagesordnung sein, denn die Steuereinnahmen werden sinken und die Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung abnehmen. Dies alles wird vor dem Hintergrund des strukturellen Defizits der privaten Ersparnisse sowie des im Lande traditionell herrschenden Schwarzmarktes geschehen. Die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage wird zusätzlich von der sehr prekären Lage, in der sich die Banken befinden, angefacht, denn diese müssen die Kapitalflucht und das sich beschleunigende Bank Run (dt. etwa: „Ansturm auf eine Bank“) meistern. Paradoxerweise findet die Möglichkeit eines Kollapses des Bankensystems in einem Augenblick statt, in dem es keine Ressourcen mehr gibt - weder für ihre Verstaatlichung noch für eine Depotgarantie. Der vom IWF und der EU in Aussicht gestellte Beitrag von 10 Milliarden Euro stellt nichts Weiteres als einen Tropfen Wasser auf den heißen Stein dar. Die Entwicklung einer Kollaps-Möglichkeit wird eine Schlüsselrolle im ganzen Anpassungsprozess spielen.
Wie wir in früheren Publikationen bereits analysiert haben, ist Griechenland auf demselben Weg wie Argentinien vor der Krise zwischen 1999-2001, die in einem ungeregelten Staatsbankrott und der Währungsentwertung Ende 2001, Anfang 2002 mündete. In Argentinien brauchte die Krise 3 Jahre lang um ihren Höhepunkt zu erreichen, ganz abgesehen von den schwerwiegenden Implementierungsschwierigkeiten solcher Anpassungsmaßnahmen. Obwohl die Regierung über eine Parlamentsmehrheit verfügt, um das Paket der EU und des IWF zu billigen, gibt es dagegen immer größere Vorbehalte innerhalb des PASOK. Sogar der Parteivorsitzende der rechtsgerichteten Oppositionspartei Nea Dimokratia verkündete Dienstagnacht, dass seine Partei dagegen stimmen würde. Somit sind die Bedingungen für einen dauerhaften Konsens um die Notwendigkeit der Gegenreformen nicht gegeben. Gleichzeitig hat sich die Antwort in den Straßen qualitativ radikalisiert, wie die Aktionen und der Generalstreik am 5. Mai eindrucksvoll gezeigt haben. Wenn wir berücksichtigen, dass der IWF von einem Anpassungsprozeß, der bis zu zehn Jahre andauern könnte, ausgeht, sind die Aussichten der griechischen und europäischen herrschenden Klasse gar nicht ermutigend. Sollte sich die Krise verschlimmern und die Massenmobilisationen andauern, könnte der Premierminister Giorgios A. Papandreou schneller als gedacht in die Fußstapfen des ehemaligen argentinischen Präsidenten De la Rúa treten, der durch die Mobilisation auf den Straßen gestürzt wurde. Was heute schon feststeht, ist, dass die Ankündigungen vom 2. Mai weder das Ende der griechischen Schuldenkrise noch einen Wendepunkt derselben und noch weniger eine Atempause von Monaten darstellen. Im Gegenteil, neue und noch härtere Situationen werden folgen, was Neuverhandlungen und noch strengere Maßnahmen als die heutigen - wie die Entlassung der Staatsangestellten - zur Folge haben werden, wenn der Plan nicht durch die Aktion der ArbeiterInnen und verarmten Massen zum Scheitern gebracht wird.
Wie alle Programme des IWFs behandelt der Plan für Griechenland eher die Liquiditätsprobleme als die Zahlungsfähigkeit. Somit verurteilt der IWF Griechenland zu einer ungeheuerlichen Transferzahlung an die Gläubiger, ähnlich wie in Lateinamerika in den 80er Jahren, die als verlorenes Jahrzehnt gehandhabt werden. Die ArbeiterInnen und das griechische Volk müssen sich dieser ominösen Zukunft widersetzen, zu der sie von ihrer Regierung, dem IWF und der EU verurteilt wurden.
[1] “Greek civil servants stage strike“, Financial Times 4/5/2010
[2] Wenn hier das Hauptaugenmerk auch auf die schwachen Imperialismen Europas gelegt wird, umfasst doch die Offensive ganz Europa, wie die Reform des Rentensystems in Frankreich bereits ankündigt, oder die drastischen Kürzungen im Staatshaushalt, die nach den entscheidenden Wahlen vom 6.5 bevorstehen
[3] “La crise grecque va inciter Madrid, Lisbonne et Dublin ã économiser, selon Merkel”, Le Monde 2/5/2010
[4] “La Grèce sera étroitement surveillée en contrepartie d’une aide exceptionnelle”, Le Figaro 3/5/2010
[5] An diesem Tag machte die Krise einen weiteren Sprung, der über Griechenland hinausging, aufgrund des Crashs der Schuldscheine südeuropäischen länder, der sogar die Gefahr in sich barg, die deutschen Landesbanken anzustecken. Sie forderten daraufhin von Berlin auch den „Rettungsplan“.
[6] „Grote landen zijn weer de baas“, NRC Handelsblad 3/5/2010
[7] Titelblatt von The Economist des 29/4/2010, dass Bezug nimmt auf eine britischen Film „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola in dem es um den katastrophalen Krieg in Vietnam geht.
[8] “Europe’s choice is to integrate or disintegrate”, Financial Times 2/5/2010.
[9] Die Europäische Zentralbank hat am 3.5 einen beispiellosen Beschluss gefasst: Griechenland wird als Sonderfall innerhalb der Euro-länder behandelt; die EZB akzeptiert somit griechische Staatsanleihen unabhängig von der Forderung von Sicherheiten. Bisher forderte die EZB durch die Rating-Agenturen festgelegte Mindestpunktzahlen um als Sicherheiten akzeptiert zu werden. Die Maßnahme ist eine entscheidende Unterstützung für das griechische Bankenwesen. Diese können nun zu sehr geringer Zinsen von einem Prozent Darlehen erhalten, während griechische Wertpapiere als Sicherheit dienen, obwohl einige von ihnen vor kurzem auf Junk-Bond-Niveaux herabgestuft worden. Die Märkte haben diesen Schritt als ein Zeichen der schwierigen Lage, in der sich mehrere griechische Banken befinden gedeutet, die Bankrott gehen könnten und die wiederum, da sie zu anderen europäischen Banken gehören, diese in Mitleidenschaft ziehen.
[10] Die von der EZB durchgeführte Lockerung der Sicherheitsvorschriften zur Erhaltung des Rabatts auf griechischen Wertpapiere, eröffnete ein Hintertürchen zu dieser Monetarisierung, was deutsche Politiker und Financiers hat aufschreien lassen.