FT-CI

Abtreibung: Eine Klassenfrage!

19/09/2014

Abtreibung: Eine Klassenfrage!

// Brot und Rosen Nr. 3 // Flugblatt von unabhängigen Frauen und der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) //

m siebten Jahr der globalen Wirtschaftskrise kommt es zu einem immer größeren Rollback gegen die Rechte von Frauen. Wir werden immer mehr gezwungen, unter prekären Bedingungen zu arbeiten. Wir müssen immer mehr Sorge- und Hausarbeiten übernehmen, weil in der öffentlichen Daseinsvorsorge gekürzt wird. Unser Recht auf körperliche Selbstbestimmung wird immer weiter eingeschränkt.
In El Salvador und den USA werden Frauen bei Fehlgeburten kriminalisiert. In Irland werden Frauen selbst unter Gefahr für ihr eigenes Leben gezwungen, Schwangerschaften auszutragen. Im Spanischen Staat wird der Zugang zu Abtreibungen von der konservativen Regierung praktisch abgeschafft. Aber auch in Deutschland wird verstärkt gegen Abtreibung mobilisiert.

Jede Einschränkung des Rechts auf Abtreibung trifft besonders Frauen der Arbeiter*innenklasse. Denn sie können es sich nicht leisten, in ein anderes Land zu reisen, oder sterben bei heimlichen Eingriffen. Das macht das Recht auf Abtreibung auch zu einer Klassenfrage.

Auch in Deutschland existiert kein Recht auf Abtreibung. Nach Paragraf 218 ist Abtreibung lediglich unter bestimmten, restriktiven Bedingungen straffrei. Es gilt eine Fristenregelung, nach der eine Abtreibung nur innerhalb der ersten drei Monate und nach einer Zwangsberatung möglich ist, genauso bei medizinischer Indikation oder wenn sogenannte „Fehlbildungen“ am Fötus festgestellt werden. Und in vielen Regionen und Städten Deutschlands ist nicht ohne weiteres ein*e Ärzt*in aufzutreiben, die*er eine Abtreibung durchführt. Selbst die „Pille danach“ ist nur mit einem – medizinisch vollkommen unnötigen – Rezept erhältlich.

Jede Einschränkung des Rechts auf Abtreibung bedeutet die Einschränkung der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung von Frauen. Ein Kind zu bekommen heißt für Frauen im weitaus größeren Maße als für Männer die jahrelange Verpflichtung zur Kindererziehung und zur Hausarbeit – meist neben der Lohnarbeit, bei der Frauen sehr viel weniger verdienen als Männer, vor allem wenn sie Kinder haben. Damit sie trotzdem für steten Nachschub ausbeutbarer Arbeiter*innen sorgen, wird aktiv ins Recht der Frauen, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, eingegriffen.

Diese Einschränkungen werden ideologisch flankiert von der Vorstellung, dass jede Frau Mutter werden will und ihr gesellschaftlicher Wert von der Mutterschaft abhängt. Der Alltagssexismus macht uns Frauen jeden Tag klar, dass wir nicht allein über unseren Körper entscheiden können und er anderen zur Verfügung zu stehen hat. Wie stark diese Regulierungen eigentlich auch Bevölkerungspolitik sind, die unter dem Deckmantel der Moral durchgesetzt werden, sieht man daran, dass mithilfe der Pränataldiagnostik sehr genau kontrolliert wird, welche Kinder geboren werden sollen: Sobald an einem Fötus sogenannte „Fehlbildungen“ festgestellt werden, werden Frauen unter Druck gesetzt, eine Abtreibung durchzuführen. Nur dasjenige Leben gilt als lebenswert, das als kapitalistisch ausbeutbar erscheint.

In der Krise werden diese Einschränkungen weiter ausgebaut. In der Alten-, Kranken- und Kinderpflege wird gekürzt, dadurch verlieren vor allem Frauen ihren Job. Auch in anderen Bereichen sind wir von Lohnkürzungen und Arbeitslosigkeit besonders bedroht. Mehr Reproduktionsarbeit muss wieder privat geleistet werden, also müssen Frauen stärker als vorher in ihre traditionellen Rollen gedrängt werden. Dabei werden Errungenschaften, die Frauen sich in den letzten Jahrzehnten hart erkämpft haben, angegriffen.

Gegen diese Angriffe müssen wir uns wehren. Wir fordern ein Recht auf kostenlose Abtreibung, ohne Zwangsberatungen, Fristen, Indikationen und Tabuisierung. Beratungen für Frauen sind gut und wichtig – aber nur, wenn sie ohne Zwang und im Sinne der Frauen erfolgen. Außerdem fordern wir kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und bessere sexuelle Aufklärung.

Aber dies reicht nicht aus. Eine wahrhaft freie Entscheidung von Frauen über ihren Körper und ihre Schwangerschaft ist nur dann gewährleistet, wenn Hausarbeit und Kinderbetreuung vergesellschaftet sind. Solange wir Frauen für die Sorge- und Hausarbeit zuständig gemacht werden, solange wir unterbezahlt sind, solange ein Kind die noch größere wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Mann bedeutet, kann es keine wirklich freie Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft geben.
Deshalb brauchen wir eine klassenkämpferische Frauenbewegung, die Seite an Seite mit der Arbeiter*innenbewegung für die Rechte von Frauen und gegen das kapitalistische System, das Frauen unterdrückt und Arbeiterinnen ausbeutet, kämpft. Anfänge einer solchen Bewegung lassen sich beispielsweise im Spanischen Staat beobachten, wo Arbeiterinnen der Donutfabrik Panrico, die dort einen der längsten und härtesten Arbeitskämpfe im Spanischen Staat führten, als Arbeiterinnen aktiv an den Protesten gegen die neue Abtreibungsgesetzgebung beteiligt waren. Auch in Deutschland brauchen wir eine klassenkämpferische Frauenbewegung, die den Kampf gegen Alltagssexismus und für sexuelle Selbstbestimmung mit den Kämpfen der Arbeiter*innen für ihre Rechte und für die Ìberwindung des Kapitalismus verbindet.
Warum Brot und Rosen?

Die Losung geht zurück auf einen großen Streik von 20.000 Textilarbeiter*innen in Massachusetts in den USA im Jahr 1912. Die kämpfenden Frauen forderten genug für ein Leben (Brot) aber auch für ein schönes Leben (Rosen). Pan y Rosas ist auch der Name von revolutionär-sozialistischen Frauengruppen in Argentinien, Brasilien, Mexiko, Chile, Bolivien und im Spanischen Staat. Mehr Infos dazu:
www.panyrosas.org

Empfohlene Artikel

No hay comentarios a esta nota

Publikationen

  • PTS (Argentina)

  • Actualidad Nacional

    MTS (México)

  • EDITORIAL

    LTS (Venezuela)

  • DOSSIER : Leur démocratie et la nôtre

    CCR NPA (Francia)

  • ContraCorriente Nro42 Suplemento Especial

    Clase contra Clase (Estado Español)

  • Movimento Operário

    MRT (Brasil)

  • LOR-CI (Bolivia) Bolivia Liga Obrera Revolucionaria - Cuarta Internacional Palabra Obrera Abril-Mayo Año 2014 

Ante la entrega de nuestros sindicatos al gobierno

1° de Mayo

Reagrupar y defender la independencia política de los trabajadores Abril-Mayo de 2014 Por derecha y por izquierda

La proimperialista Ley Minera del MAS en la picota

    LOR-CI (Bolivia)

  • PTR (Chile) chile Partido de Trabajadores Revolucionarios Clase contra Clase 

En las recientes elecciones presidenciales, Bachelet alcanzó el 47% de los votos, y Matthei el 25%: deberán pasar a segunda vuelta. La participación electoral fue de solo el 50%. La votación de Bachelet, representa apenas el 22% del total de votantes. 

¿Pero se podrá avanzar en las reformas (cosméticas) anunciadas en su programa? Y en caso de poder hacerlo, ¿serán tales como se esperan en “la calle”? Editorial El Gobierno, el Parlamento y la calle

    PTR (Chile)

  • RIO (Alemania) RIO (Alemania) Revolutionäre Internationalistische Organisation Klasse gegen Klasse 

Nieder mit der EU des Kapitals!

Die Europäische Union präsentiert sich als Vereinigung Europas. Doch diese imperialistische Allianz hilft dem deutschen Kapital, andere Teile Europas und der Welt zu unterwerfen. MarxistInnen kämpfen für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa! 

Widerstand im Spanischen Staat 

Am 15. Mai 2011 begannen Jugendliche im Spanischen Staat, öffentliche Plätze zu besetzen. Drei Jahre später, am 22. März 2014, demonstrierten Hunderttausende in Madrid. Was hat sich in diesen drei Jahren verändert? Editorial Nieder mit der EU des Kapitals!

    RIO (Alemania)

  • Liga de la Revolución Socialista (LRS - Costa Rica) Costa Rica LRS En Clave Revolucionaria Noviembre Año 2013 N° 25 

Los cuatro años de gobierno de Laura Chinchilla han estado marcados por la retórica “nacionalista” en relación a Nicaragua: en la primera parte de su mandato prácticamente todo su “plan de gobierno” se centró en la “defensa” de la llamada Isla Calero, para posteriormente, en la etapa final de su administración, centrar su discurso en la “defensa” del conjunto de la provincia de Guanacaste que reclama el gobierno de Daniel Ortega como propia. Solo los abundantes escándalos de corrupción, relacionados con la Autopista San José-Caldera, los casos de ministros que no pagaban impuestos, así como el robo a mansalva durante los trabajos de construcción de la Trocha Fronteriza 1856 le pusieron límite a la retórica del equipo de gobierno, que claramente apostó a rivalizar con el vecino país del norte para encubrir sus negocios al amparo del Estado. martes, 19 de noviembre de 2013 Chovinismo y militarismo en Costa Rica bajo el paraguas del conflicto fronterizo con Nicaragua

    Liga de la Revolución Socialista (LRS - Costa Rica)

  • Grupo de la FT-CI (Uruguay) Uruguay Grupo de la FT-CI Estrategia Revolucionaria 

El año que termina estuvo signado por la mayor conflictividad laboral en más de 15 años. Si bien finalmente la mayoría de los grupos en la negociación salarial parecen llegar a un acuerdo (aún falta cerrar metalúrgicos y otros menos importantes), los mismos son un buen final para el gobierno, ya que, gracias a sus maniobras (y las de la burocracia sindical) pudieron encausar la discusión dentro de los marcos del tope salarial estipulado por el Poder Ejecutivo, utilizando la movilización controlada en los marcos salariales como factor de presión ante las patronales más duras que pujaban por el “0%” de aumento. Entre la lucha de clases, la represión, y las discusiones de los de arriba Construyamos una alternativa revolucionaria para los trabajadores y la juventud

    Grupo de la FT-CI (Uruguay)